„Die Integrität des Menschen besteht darin, dass er sich in jedem Augenblick sagen darf, was er denkt (Elias Canetti). Sozorga 64



DOKUMENTATION EINES KONFLIKTES
(Stand 30. Juni 2003)

Die hier aufgelisteten Reibungspunkte mit LKA und Pastoren meiner Landeskirche sind insgesamt sehr gut dokumentiert. Im Nachhinein ist es schon erstaunlich, dass sehr erstaunliche Wertungen so offen vollzogen und dokumentiert wurden. Weitere "Schätze" in meiner Akte sind mir nicht zugänglich, da das LKA keine "Klarakten" herausgibt.

Für das Verständnis des Konflikts und die innerkirchliche Atmosphäre ist daran zu erinnern, daß bis 1999 (Wahl Kässmanns 14. Juni 1999) Bischof Horst Hirschler
unsere Landeskirche gelenkt hat. In Osnabrück saß Gottfried Sprondel,
beide sind sehr unverdächtig, Parteigänger einer liberalen Linie zu sein.
    
Außer den Namen des Bischofs werde ich in diesem Dokument die Namen der
am Konflikt beteiligten Personen nicht nennen.

1)     Referenzen / Zeitzeugen
    Gemeindepastor Rudolf Sorge; Ruheständler; Alfhausen
    (ehemals Gemeindepastor in Bippen)
    Gemeindepastor Heinz Schrock; Ruheständler; Hamburg
    (ehemals Gemeindepastor in Bippen)
    Gemeindepastor und Präses Alfred Mengel;
    Reformierte Gemeinde Lengerich; aktiv
    (Seit der Oberstufe so etwas wie ein Mentor)
    Pastor Frank Weiberg; Hannover; Seelsorge an AIDS-Kranken
    und damals Vorsitzender des Vereins "Lazarus-Legion"
    Superintendent Edzard Cremer; ehemals Kirchenkreis Bramsche;
    leider verstorben
    Diakon Hartmut Friederich; Rummelsberg; aktiv
    Studienrat Hans-Georg Lehmkuhle; Haupt- und Realschule Emmerthal
    Pastor Kuhrmeyer; Kirchohsen; Vikariatsleiter
    Pastor Reinhard Surendorf; Stade (mein Freund seit Heidelberger Zeiten)
    Pastor Ottomar Fricke; Bispingen
    (Und andere Angehörige des Vikarskurses 41 Imbshausen)
    Gerd Growe; Mitarbeiter des Mutterhauses; langjähriges Mitglied des KV
    Lemförde; hier stellvertretend für die treuen Kirchgänger in Lemförde
    Schwester Thea; jung gebliebenes Mitglied des Mutterhauses; heute ca. 82
    Pastor Carsten Gerdes; Soltau; Insider in der IHKDP
    Guido Ebeling; ehemaliger Student der Theologie; heute vermutlich
    Finanzamt Hannover

2)     Offener Brief während des Studiums
Ich nahm Anstoß daran, dass das LKA Pastoren und Pastorinnen mit einem Amtszuchtverfahren überzog, die in Ramstein gegen die Aufrüstung protestiert hatten (NATO-Nachrüstung).

3)     Erstes theologische Examen            
Ich erinnere sehr deutlich das unzweifelhafte Grinsen des Vorsitzenden meiner Kommission. Er wußte wohl, dass dies mein Todesurteil sein könnte. Ich halte es für einen großen Fehler, dass mir hier keine Fünf verpaßt wurde. Allerdings hätte diese Fünf mir die Chance bei einer angenehmeren Kommission eingeräumt.

Bei der Einsichtnahme in die Akten stoße ich auf vier psychiatrische
Persönlichkeitsbeschreibungen:
"Der Kandidat wirkte auf uns prätentiös, ..., unorganisiert, versponnen."
So im Original im LKA nachzulesen. Das vierte Prädikat erinnere ich
nicht mehr.

Einen Einspruch gegen dieses Urteil habe ich aus taktischen Gründen unterlassen, da die Kommission immer am längeren Hebel gesessen hätte und meine Vertrauensseligkeit
noch überaus groß war.

Ich hatte in der Arbeit den Lieblingstheologen des Prüfers aus Göttingen, Pannenberg, mit Bezug auf Bultmann niedergemacht. Er hatte mich im Vorgespräch allerdings deutlich gewarnt, dies zu unterlassen.

Mit Freund Guido Ebeling hatte ich nach den schriftlichen Klausuren eine Flasche
Sekt angestoßen, da ich in Göttingen am Abend zuvor jeweils drei Seiten Exzerpt
zu Themen gelesen hatte, die dann am andern Tag tatsächlich gestellt wurden.
Der Vorsitzende wies beiläufig auf die Grundregel hin, dass die Note der Examensarbeit im Schriftlichen oder Mündlichen nicht durch bessere Noten egalisiert werden könne.


4)    Bewerberlisten und theologischer Überhang
Ab 1990 hat die Hannoversche Landeskirche Bewerberlisten eingeführt. Eine Übersicht aus dem Jahre 1995 zeigt mich auf Platz 15 von 17 Bewerbern. Auf den Listen werden zu diesem Zeitpunkt 171 KandidatInnen geführt.

Aus meinem Kurs bekamen drei oder vier Kandidaten keinen Virkarsplatz.
Stand heute: Alle sind übernommen. Ein Kandidat war in Österreich ausgeliehen
und kann wieder nach Niedersachsen heimkehren.
            
Natürlich kann das LKA in seiner Argumentation sehr einfach auf die äußerst angespannte Stellensituation hinweisen. Außerdem kann die Note im Ersten theologischen Examen nicht wirklich kritisch von außen betrachtet werden.
    
5)    SCHULPRAKTIKUM
Mein Mentor in der Hauptschulklasse in Kirchohsen (AKW Grohnde) war
einigermaßen überrascht über das Gebahren der beiden Prüfer nach
meiner Schulprobe. Mit "ausreichend" wurde meine Einheit zum "Verlorenen Sohn" in Grund und Boden gewertet.    


6)     ZWEITES tHEOLOGISCHES EXAMEN
Liberale Kommission.

Meine Arbeit über "Stigmen" wurde mit einer Zwei bewertet - zu meiner Überraschung.
Aus formalen Gründen (Rechtschreibfehler) wurde sie auf eine Drei heruntergezogen). Im Ersten Examen wurde die Arbeit über die Auferstehung bei Pannenberg und bei Bultmann aus denselben Gründen von einer Drei auf eine Vier gesetzt.
Ich muß dies auf meine Kappe nehmen, da ich bei der zweiten Arbeit bei einem Oberstudienrat für Deutsch in Hameln wohnte.

7)    Vorladung in das LKA. Vorwurf: Ein Satz im Vikariatsbericht.
"Ich bin nicht bereit, über eine Liturgie aus dem Jahre 1914 nach-
zudenken, die meiner Gemeinde in Kirchohsen so sehr ans Herz
gewachsen ist."

8)     KDP in Lemförde/Dümmer-See
Gemeinde mit Mutterhaus, das geistlich-ideologisch von Marburg
aus gesteuert wird (Evangelikale Gemeinde in der Kirchgemeinde). Neben einer Gemeinde in Osnabrück (Paulus; ein Kollege von dort verbreitete in Lemförde die abenteuerliche Botschaft, dass Leute, die Homosexualität und andere liberale Sünden zulassen sich am Heiligen Blut Jesu Christi schuldig machen!?) und in Krelingen ist dies ein evangelikales Zentrum in Niedersachsen. Ich war nicht bereit, mich zu Diskussionen herbeizulassen, ob Küsse vor der Ehe einem Christenmenschen erlaubt sind.

Zwei Tage nach meiner Ankunft fordert der Hausvater des Mutterhauses meine Vertreibung. Ich hatte - ohne Wissen um die Mutterhäusler - im Fürbittgebet Homosexuell Liebende und Aids-Kranke erwähnt.
    
9)     Konflikt in Lemförde
Zuletzt wurde ein Gespräch zwischen dem KDP-Vater; dem
Superintendenten in Diepholz - ich lege seither keinen Wert auf Kontakte
mit diesen beiden Personen - meinen Eltern und dem Kandidaten der
Theologie anberaumt.
Aus meiner Sicht kam der Anstoß für dieses Gespräch eindeutig
von einer hochrangigen Stelle im LKA! (???)
Der KDP-Vater strich hier meine Unfähigkeit für diesen Beruf heraus.
Im Beisein meines Vaters. Er hatte sich eine sehr geschickte Strategie
zurechtgelegt:
"Sie werden einen unfähige Azubi auch nicht lebenslänglich im Betrieb
haben wollen!"
Der Superintendet verdeutlicht, dass der Pastorenberuf schrecklich ist.
Es ist ein Haifischbecken. Wir möchten Ihren Sohn schützen. Er würde
im kirchlichen Dienst schrecklich verletzt werden.

Die Zeit in Lemförde endet vorzeitig. Mein KDP-Leiter signalisiert,
dass es in dieser Kirche für mich keine Zukunft gibt. Er spitzt dies persönlich
zu: "Ich werde alles daran setzen, dass Sie in dieser Kirche keine Stelle
bekommen!" Daraufhin hat er am nächsten Tag meine Kündigung der
Stelle in Lemförde auf dem Tisch. Die Landeskirche (stellvertretend das LKA)
nimmt dies liebendgern an. Ich habe seitdem nur noch mit der Seelsorgerin für
arbeitslose Theologen (heute Pressesprecherin) einen Termin im LKA gehabt.
Ein psychologisch kaum erträglicher Vorgang. Ich bin mir nicht sicher,
ob ich dieses Amtnoch einmal freiwillig betreten werde. Danach gab es keine
Kontakte mehr mit Personen des LKA. Es erfolgt keine Aufklärung mit welcher Begründung der Rausschmiß erfolgt. Bei meinem Vater kann ein persönlicher
Brief vom Bischof eingesehen werden (mit üblichen Floskeln). Seine Brisanz erhält
dieser Brief, wenn man gleichzeitig weiß, dass der Bischof seinen ebenfalls
gefährdeten Sohn (der zu einem späteren Jahrgang gehört) mittels Altbischof
Lohse nach Braunschweig schleusen läßt.

Mir wird die Botschaft schon einige Wochen zuvor auf einer
Pfarrkonferenz von Pastor Sorge (s. o.) mitgeteilt. Zufällig gehört er
auch zum Diepholzer Kirchenkreis und nimmt vehement für mich Postion.
Er resigniert allerdings, als er realisiert, wer hier agiert.

Zu den betrüblichsten Momenten meines Dienstes gehörte die Anwesenheit
im Kreise von etwa vierunddreißig PastorInnen auf dieser Pfarrkonferenz.
Der Superintendent befragte alle Anwesenden, ob sie bereit seien,
das berufliche Aus für zwei KDPs durch Teilen von Arbeit und Geld
abzuwenden. Er fand darauf überhaupt keine Resonanz.

Die Lemförder Zeit endet mit einem Abschiedsgottesdienst der mit 450 Besuchern
fast "ausverkauft" war. Mein KDP-Vater hatte kurz vorher im KV erreicht,
dass mir jede weitere Predigttätigkeit in Lemförde untersagt wurde.
Dies gilt leider bis heute (?).
Mein Grußwort im Gottesdienst empfindet der Kollege als direkten Angriff.
Im Gemeindehaus kommt es in bedrückender Atmosphäre zu einer lautstarken
Auseinandersetzung zwischen meinem Vater und dem Kollegen.
Der Superintendent war von mir informiert worden und wurde von mir
aufgefordert an diesem Tag in Lemförde zu sein. Das Verfahren war
offensichtlich mit ihm abgesprochen. Zugegeben befand er sich in einer Zwangssituation zwischen dem Kandidaten in Lemförde,
zwischen Hirschlers (?) Votum und dem Kollegen, der ihn im Kirchenkreis stützte. Ich habe mich nach einigen Schlucken Wasser geschlichen! Ich werde den bedrückenden Auszug mit ungewisser Zukunft in Lemförde nicht vergessen. Besonders scheußlich erinnere ich das Packen der Umzugskartons.

Die Tiefe des Konflikts mit dem Kollegen in Lemförde zeigt sich in diesem Jahr.
Ein gemeinsamer Bekannter berichtet von einer Trauerfeier, die beide besuchten,
dass der ehemalige Kollege halböffentlich berichtet habe, ich hätte damals eine Beerdigung mutwillig abgelehnt. Solche Leute hätten im kirchlichen Dienst nichts verloren. Ich kann mir ein solches Verhalten unter dem damaligen Konkurrenz-
druck als KDP nicht wirklich vorstellen.
        
Insgesamt mag ich nicht an einen Zufall denken, wenn man die Vielzahl
von Konflikten sich vor Augen führt. Ich habe zuviele Freunde unter
den Pastoren oder PastorInnen dieser Landeskirche und zuviele Anhaltspunkte,
um dies für einen Zufall zu halten.

10)     Um das Thema "Ist der KDP Stöckel in Konflikt geraten mit dem damals im LKA
so hoch gehandelten Thema Lebensführungsfragen" vollständig darzustellen, sei hier auch erwähnt, dass ich in Lemförde mit einer in Scheidung lebenden Oberstudienräten befreundet war. Es bestand keine Beziehung. Mein Kollege hat aber versucht, eine solche in den letzten Monaten meiner dortigen Zeit zu konstruieren. Es gab nach dem Konflikt ein Gespräch zwischen dieser Freundin und dem Kollegen, über dessen Inhalt ich nicht informiert bin.
Mir nicht bekannt, dass ich überhaupt gegen die damals heiligen Lebensführungsfragen verstoßen habe. Wahrheitsgemäß habe ich nach der Anfrage des Mutterhauses öffentlich erklärt, mich als heterosexuell liebend vorzufinden. Allerdings konnte und kann ich keine Lebenspartnerin und keine Kinder vorweisen.
Selbst an den Vorgaben des LKA gemessen, lag und liegt keinerlei "Verfehlung" vor.

    Das Konzept der "Lebensführungsfragen"
Das LKA ist mit seinem Thema Lebensführungsfragen in bezug auf das Pfarramt grandios gescheitert. Etwa acht Jahre saß im Gefängnis Lingen ein Pastor ein wegen
Totschlag an seiner Ehefrau. Weder die Vorgaben des LKA gegen "Fremdgehen" oder permissives Fehlverhalten; noch die hochnotpeinlichen Verfahren gegen Pastoren, denen dieses Verhalten vorgeworfen wurde (investigative Interviews), haben diesen Fall - der so tragisch endete - verhindern können. Am Rande sei angemerkt, dass ich zu Zeiten der EXPO in Hannover war und mir die Vermieterin in Hannover-List schon am ersten Abend von einem fremdgehenden Pastoren und seiner Vertreibung berichten konnte.

In meinem Falle befürchte ich, dass dieses Thema das LKA dazu verleitet haben könnte auch unbescholtene Bürger nach naheliegenden Assoziationsketten in die Reihe der Verdächtigen einzuordnen.

12)     Ordination
Ein schönes Fest in Bippen.    

Wiederum finde ich es äußerst unklug, diesen Kandidaten im Ehrenamt zu ordinieren. Fast niemand sonst wurde ordiniert. Außer ein paar Pastorinnen, die mit Superintendenten verheiratet sind. In den letzten Jahren sind mir vielleicht noch drei bis fünf Ausnahmefälle zu Ohren gekommen.

Offenbar hatte der Bischof in seinem Gremium nicht mehr die Lufthoheit. Sonst kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, warum dieser Kandidat ordiniert wurde.

Im Bischofsrat saßen zu dieser Zeit Hans Schmidt - Leiter des Predigerseminars
Imbshausen zu Zeiten von Imbshausen 41 - und Dieter Zinßer. Offenbar konnten
sie genügend Gegenwind erzeugen.    Hans Schmidt wurde von mir irgendwann
kontaktiert und lehnte weitere Interventionen als geistlicher Vizepräsident
ab. Er hat die Landeskirche aus anderweitigen Gründen verlassen. Weitere
Interventionen wurden von Pastor Heinz Schrock in Szene gesetzt - vergeblich.

13)     Das LKA hat die Nachversicherung bei der BFA zufällig vergessen. Erst meine
Erforschung meines Kontos ergab das Versäumnis des LKA.

14)     Gespräch mit Landessuperintendet Dieter Zinsser (Studienfreund von Hirschler) anläßlich meiner Ordination. Ein Gespräch in freundlicher Atmosphäre.

Mit meiner Ordination habe ich die Predigttätigkeit in den Kirchengemeinden Bippen und Fürstenau übernommen. Etwa zwölf Gottesdienste jährlich. In der Realität
gestalte ich jetzt Gottesdienste in den Kirchengemeinden Bippen; Nortrup; Bersenbrück, und selten in Fürstenau. Der Landeskirche ist es bisher nicht gelungen,
mir eine angemeßene Aufwandsentschädigung zuzuwenden. Nach wie vor gilt das
Prinzip: Mir sind alle Rechte verliehen. Als Ehrenamtlicher darf ich niemals
dafür Geldzuwendungen erhalten. Auch die Entschädigung der Lektoren stehen
mir nicht zu!

Im Rücklick läßt sich fragen, ob der Kandidat sich nicht taktischer hätte verhalten können. Es ist aber auch jetzt nicht meine Absicht, zu den Konditionen des alten LKAs unter Hirschler in den Kirchlichen Dienst zu treten. Von der damals mir wichtigen theologischen Einsicht, dass Homosexuell Liebende auch im Pfarramt nicht diskriminiert werden dürfen, werde ich sicher nicht um einen Zentimeter abweichen.
15)    Unvermutete Komik
Diese Geschichte enthält sicher einige Details, die mich nach wie vor schmunzeln lassen:
Hätte ich nicht ein halbes Jahr warten können mit einem offenen Brief. Im Pfarramt
hätte Hirschler oder das LKA mich nicht mehr behelligen können.

Meine Familie ist eine der namhaften Steuerzahler dieser Landeskirche. Es ist schon erstaunlich mit welcher Unverforenheit und Hirschler seinen Kurs durchzog.

Es mutet merkwürdig an, dass Bischof Hirschler nach zehn Jahren Dienst nun seinen Lebensabend in Loccum verlebt. Allerdings haben seine theologischen Vorgaben nicht lange Bestand gehabt. Ich gestehe, ein Glas Sekt genippt zu haben, als gegen den
Willen des Bischofs diese Frau gewählt wurde!

Es verwundert, dass ich für etwa vierzig Lemförder Kinder nach wie vor ein Zeltlager im Solling mit insgesamt ca. einhundert Teilnehmern mitorganisiere. Ich nehme für mich
in Anspruch, das Gemeindegebiet von Lemförde während der letzten Amtsjahre meines
Kollegen nicht betreten zu haben, um nicht falsche Signale zu senden. Nur eine Ausnahme gab es: Eine kranke Teamerin mußte nach Hause gebracht werden.

Es ist schon erstaunlich, dass ich heute mit meinem Thema auf der Seite der Mehrheit in der Synode und in der Pfarrerschaft stehe. Leider trägt dies nichts aus für eine berufliche Perspektive in meiner Landeskirche. Und Würzburg III steht vor einem einfachen Wechsel in eine andere Landeskirche.
16)    Nichts als Mutmaßungen
Außer den Äußerungen im Gespräch in Diepholz hat das LKA sich zu den Gründen ausgeschwiegen. Mein Name wurde von der Liste genommen. Eine Einladung zum alleletzten Colloquium unterblieb. So bleiben für mich fünf mutmaßliche Gründe:
a) Überhang von ausgebildeten TheologInnnen
b) Mangelnde Eignung des Kandidaten (Ungenügende Examina)
c) Verstoß gegen Lebensführungsfragen
d) Verstoß gegen die heiligen Regeln (Offener Brief)
e) Soziale Sicherheit des Kandidaten durch Familienhintergrund, Single-Status
Für alle diese mutmaßlichen Gründe ließen sich Argumente finden. Auf dem
Höhepunkt des Konflikts in Lemförde etwa, ließ eine öffentliche Äußerung
des Kollegen, Punkt e) deutlich anklingen.

Für meine Person im Vordergrund standen die Folgen für mein Berufsleben.
Nicht zu unterschätzen sind die rufschädigenden Folgen. Selbst in meiner
Familie fand die geschickte Argumentation meines Lemförder Kollegen
Nachhall. Wo mit Dreck geworfen wird, da bleibt etwas hängen. Gerade
bei dieser Insitution können Außenstehende die Urteile von Pastoren oder
Pastorinnen schlecht in Frage stellen.

17)    Lösungsmöglichkeiten
Die geschilderten Konflikte lassen nicht erwarten, dass mir eine Rückkehr in den
Dienst der Hannoverschen Kirche gelingen kann. Bisher war mir nur die Ausheirat möglich. Ich kann mir eine Wiedergutmachung nicht vorstellen. Aus der Sicht einer Institution ist das Eingeständnis eines fehlgeleiteten Ablaufs nicht möglich.
Immerhin sitzen noch zwei Personen im LKA, die den damaligen Kurs verfochten
haben.

Zu erwarten ist, dass in den nächsten Jahren neue Möglichkeiten entstehen,
wenn man sich die Zwangslage der Kirche beim Nachwuchs vor Augen stellt.
Vor zwei Jahren etwa sind neue Werbeaktionen um theologischen Nachwuchs
eingeleitet worden.  Für meine Person stellt sich die Frage, ob ich dann noch den Mut zum beruflichen Neuanfang habe.
Für die Zukunft liegt mein Hauptaugenmerk auf der Frage, ob nach Bischöfin Kässmann nicht die evangelikalen Kräfte eine Morgenröte sehen. Sie sind in den letzten fünf Jahren merkwürdig ruhig gewesen. Seit der Demo anläßlich der Einführung von Frau Kässmann in Hannover habe ich wenig vernommen.

Mögliche Dokumente als Anlagen

    Erstes Theologisches Examen
    Examensarbeit: Die Auferstehung Jesu bei Pannenberg und Bultmann
    Zweites Theologisches Examen
    Examensarbeit: Stigmatisierung als theologisches Problem
    Offener Brief im Diepholzer Tagesblatt
    Dossier - Eigene Wahrnehmung mit Stand 1997
    Dossier - Eigene Wahrnehmung mit Stand 2003
    Dokumente unter Verschluß im Landeskirchenamt ("Klarakten")
    Lebenslauf
    Qualifikationen
    Zeugnis Rummelsberg (Pädagogischer Mitarbeiter)                
    Zeugnis Fortbildung Hamburg (Sozial-Management)




Quo vadis Landeskirche?

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Wie fühle ich mich, da ich einige Granden Hannovers biologisch überlebt habe. Da wären ein Superintendent und ein Bischof. Besonders unglücklich bin ich nicht, dass ich den Abschiedsempfang in Hannover nicht live miterlebe. Ich bin heilfroh, dass mich berufliche Obliegenheiten nicht dazu zwingen, dort zu erscheinen. Die Amtsführung des aus dem Amt scheidenden gab mir wenig Anlaß, Hände zu schütteln und Abschiedsschmerz auszudrücken. Ich bin froh, ohne diese Amtsführung in der Hannoverschen Landeskirche sein zu dürfen.


Eine neue Bischöfin, ein neuer Bischof wird folgerichtig gesucht. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, dass im eher konservativ geprägten Milieu der Granden die/der Neue ausgespäht wird. Es lohnt sich angesichts dieser Entscheidungen, die letzten ca. Zehn Jahre Revue passieren zu lassen.


Ich gebe zu, dass mich persönliches Schicksal und theologisch-politische Entscheidungen in diesen zehn Jahren ein wenig radikalisiert haben. Die Zukunft der Hannoverschen Landeskirche kann ich mir so vorstellen, dass dieser Bischof mit dieser Amtsführung abtritt und dass wir uns von der Macht des Landeskirchenamtes befreien.


Ich meine, mit seiner Amtsführung ist dieser Bischof zu einer tragisch-komischen Figur geworden. Vom Liberalen nachgedunkelt zum Träger des Bischofsmantels (Zitat eines seiner Studienkollegen). Ein Bild aus diesem Jahr faß das ganze treffend: Im Jugendcamp in tritt dieser Bischof in seinem steifen Kragen auf.


Als ich ihm vor zehn Jahren in Heidelberg begegnete - als Theologe mit gewiß hohen Idealen und unbeleckt von der düsteren hannöverschen Wirklichkeit - da konnte ich noch nicht ahnen, was auf uns zukam. Er schrieb sein Buch um bischofsfähig zu werden. Warum in Heidelberg, ist mir bis heute nicht klar, da dort sein konservativer Geist wohl kaum Anregungen bekam.


Dann begegnete ich ihm wieder in meinem geliebten Predigerseminar Imbshausen. Nach der Drohung von Saddams Irak gegen Israel plädierte er für eine rasche und drakonische Reaktion der USA. Argumente für Vorsicht und Warnungen vor der Vergeltung mit gleichen, unguten Mitteln ließ er nicht gelten. Zum Diskutieren war er nicht gekommen. Ihm zu widersprechen war gewiß nicht ratsam.


Sehr ausführlich durfte ich ihn auf einem Generalkonvent in Sulingen erleben. Zur Erinnerung: Noch war ich nicht vor die Tür gestellt. Aber es war mir schon damals kaum erträglich, wie er einen hannoverschen Journalisten vorführte und zurechtwies mit seinen „modernen und zeitgeistigen" Eistellungen. Wie konnte er es wagen, in diesem Auditorium in Hannover gängige kirchenferne Gedanken und Einstellungen zu äußern? Ich hätte beinahe losgeprustet, als er sich bei seinem „Opfer" für die Offenheit bekankte.


Tragik-Komik der „Hirschler-Zeit": Sehr dominierend war der Versuch, mit strengem Kirchenregiment die Amtsbrüder und Schwestern auf Kurs zu halten. Nicht zu übersehen beim Kampf gegen die gleichgeschlechtlich liebenden Brüder und Schwestern. Mit seinem Veto boykottierte und verhinderte er den knappen Synodenbeschluß. Tragik-Komisch, denn nach wie vor gibt es solche Brüder und Schwestern im Amt. Ungeliebt aber geduldet. Der Not gehorchend, weil die meisten abtauchen. Und weil die Kraft nur für jene reicht, die sich outen.


Nach wie vor kann ich nicht mittragen, dass etwa ein verdienstvoller Seelsorger im Kirchenkreis Syke aus dem Dienst entfernt wird , kurz nachdem er sein Liebesleben offengelegt hat. Dass nahezu kein Mitbruder und keine Mitschwester dazu Stellung bezieht, zeigt für mich, dass das Kartell des Schweigens funktioniert. Wer nicht kuscht, muß mit Repressalien rechnen. Kein System, dass für mich von evangelischer Freiheit und der Toleranz für Andersglaubende; Andersliebende und anders Gott denkende Christen geprägt ist.


Leider führt diese Kirchenzucht zum Tiefpunkt evangelischen Kirchenregimentes, wenn in dieser Zeit eine Liaison in Loccum durch Detektivarbeit beendet wird. Deutlich von der Befürchtung geprägt, konservative Christinnen und Christen könnten durch so einen Fall zum Austritt ermuntert werden. Die Maßnahmen gegen diese Liaison sind für mich weitaus schlimmer als der traurige Vorfall selbst. Jedenfalls kann man in Kirchengebäuden in Niedersachsen nicht mehr sicher sein, dass bei Pfarrersleuten nicht die LKA-eigene-Detektiv-Garnitur aktiv wird. Arme Pfarrersleut.


Wie unhaltbar und verkorkst die Linie des LKA und des Bischofs in Sachen Pfarramt und Lebensführung geworden ist. Mir fällt dazu nur das Adjektiv: „obsolet" ein. Die dort hochgehaltene moralisch integre Lebensführung im Pfarramt („Wer gänzlich gegen Jesu Wort lebt, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, ein Pfarramt in der Ev. Landeskirche Hannovers (so der verstaubte Name dieser Institution) für sich zu beanspruchen. Wie verzweifelt aussichtslos dieses Unterfangen ist, zeigt mir deutlich der Fall Geyer. Schrecklicher kann nicht vorgeführt werden, wie aussichtslos diese kirchenpolitische Linie ist. Ein Kampf gegen Windmühlenflügel, den auch die besten Oberkirchenrätinnen und -räte nicht für sich entscheiden können.


Zuletzt reiht sich der Versuch, mit der katholischen Kirche über die „Rechtfertigung" auf einen gemeinsamen, grünen Zweig zu kommen in die Kette der tragikkomischen Anstrengungen ein. Nicht nur, dass einhundertfünfzig Professoren sich dem Plazet des Bischofs aus der VELKD verweigern, auch der eigentliche Gesprächspartner torpediert schließlich das Papier und wischt es mit einem Federstrich vom Tisch. Seine Unterhändler hatten gar nicht sein Plazet. Löbliche Bemüuhungen, aber halt alles für nischt.


Ich frage mich seit zwei Jahren, ob der Wurm an der Basis, sprich Gemeinde; im Pfarramt oder aber in der Kirchenleitung sitzt. Meiner Überzeugung nach „stinkt dieser Fisch" zunächst einmal vom Kopf her. Was nicht sagen will, dass nicht auch „dort unten" Fehler gemacht werden. In meine persönlichen Lage als arbeitsloser Theologe war es jedenfalls gar nicht so einfach, zwischen befreundeten Theologinnen und Theologen; zwischen meinem spiritus Rectus aus der reformierten Kirche und eben den Gläubigen mit anderer theologischer Einstellung und dem sehr unflexiblen System zu unterscheiden.


Vor zwei Jahren anläßlich eines Praktikums in einer AIDS-Initiative in Hannover brachte ich eine Journalistin dazu zu schreiben: In der Landeskirche Hannover wird das Thema „Homosexuell Liebende im Kontext von Glaube; Gemeindeleben und „ ganz allmählich von einer lieberaleren Position bewegen. Leider war meine damalige Einschätzung für die gesamte Hannoversche Landeskirche kaum zutreffend (Ich nehme den Stadtkirchenverband Hannover von dieser Einschätzung ausdrücklich aus!)


Ist es verwunderlich, dass ich mir einen neuen Typ Bischöfin oder Bischof wünsche. Ein wenig Hoffnung habe ich mir bewahrt, dass nun ein/e Prozeßtheolog/in/e offen und liberal das Erbe auf sich nimmt. „Prozeßoffen" nicht im vorhinein sicher, welche Position derjenigen Jesu am nächsten steht. Eine Entwicklung kann es doch wohl nur geben, wenn ich meine theologische Position in jedem Gespräch in Frage stellen lasse und nicht vorgefertigte theologische Meinungen als Jesu Ruf in die Nachfolge verstehe. Um die Aufgaben der Zukunft zu meistern reicht es jedenfalls nicht, altbekannte lutherische Versatzstücke auszupacken.


Natürlich wird das Auswechseln der Person nicht viel bringen. Das Herangehen an Strukturen ist wichtiger. Von der nächsten Bischofs-Person oder Besetzung könnte ich positiv nur erwarten, dass diese Person auf diesem Posten mehr Ausstrahlung besitzt.

Das LKA wird jedenfalls verbreiten, dass die Nachfolgerin, der Nachfolger in furchtbar große Fußstapfen tritt. Nachfolge eines Bischofs; eines abschnittsweise amtierenden Vorsitzenden der VELKD; des Herausgebers des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatts. Welch ein Nimbus ist da in nur zehn Jahren gewachsen? Wird es das LKA und sein Umfeld verstehen, als Königsmacher zu fungieren?


Der Zentralistmus hannoverscher Provenienz macht ausgewachsene Amtsträgerinnen und Amtsträger zu Befehlsempfängern. Außer dem Ablauf der täglichen Speisung im LKA scheint der Präsident des LKA nahezu jedes Pfizelchen im weiten Reich zu dirigieren. Besonders geschimpft wird „dort oben", wen Anweisungen nicht durchgezogen werden. Ein einziges Bild, das der Unterzeichner im LKA speicherte, erweist die Überfälligkeit einer Strukturreform: Im LKA treffe ich auf einen Aktenwagen mit fünfzehnfach gestempelten Akten. Wie lange braucht so ein Rolli auf seinem Weg durch das Haus? Verwaltung dort oben stammt aus einme anderen Jahrhundert. Das gute landeskirchliche Pfarrkind möchte es nicht antasten. Leider werden wir beim Umbruch (der freiwillig oder durch Finanzkrise erzwungen kommt) auch die sechs Aufrechten treffen. Aber vorauszusehen ist als Alternative: Dass der hannoversche Zentralismus als letztes abstirbt. Eine in vielen Gegenden und angesichts unserer Generation reale Gefahr.


Wenig wahrscheinlich ist das Zutreffen der These, dass uns eine Re-Christianisierung not tut . Eine bloße Illusion, denn eine große Missionsbewegung steht uns sicher nicht ins Haus. Oder sie sieht gänzlich anders aus als alle uns bekannten und oft krampfhaften alten Formen. Gern verzichte ich auf eine solche Veranstaltung, wenn wiederum eine konservativ-bibelorientierte-pietistischer Hurrikane losbräche. Wann soll der junge Mensch küssen?" - ich hoffe solche Primitivtheologie nie wieder zu begegnen. Trotzdem wünschen sich manche Kirchenleute so eine Bewegung. Wir wollen gebraucht und gehört werden!


Wie kann Kirche - eine glaubwürdige, im Geist wirkende - zu Ausgetretenen reden?


Kirche wird sich zwangsläufig aus der Fläche zurückziehen müssen. Sicher auch aus Gebieten, wo die Zahl der Austritte nicht zu stoppen ist (Hannover). „Warum bist du ausgetreten?" - das ist die falsche Frage. Welcher Abbau wird durch Ihren Austritt verhindert? Kirche ist in Zukunft als effektives Dienstleistungsunternehmen auszurichten. Nicht nachgefragte und nicht bezahlbare Dienstleistungen können nicht getragen werden. Dienstleistungen müssen lokal begründet und finanziert werden. Christinnen und Christen = kundennah! Für überregionale Dienstleistungen muß geworben werden.


Das gläserne Portmanaie der Kirche solle in jeder Kirchengemeinde jedem offenstehen. Leider wurde z. B. gar nicht publik gemacht, dass diese Institutione 2.5 Milliarden für die Altersversorgung ihrer Hauptamtlichen auf dem Konto liegen hat. Wie kann ich bei solch einem Versteckspiel Vertrauen fassen?


In puncto Kirchensteuer sollte gewählt werden könne zwischen dem jetzigen Verfahren (9% von der Lohnsteuer) oder einem frei gewählten Betrag über 3000,- DM. Betrieben könnte mit einem Social Sponsoring das Überweisen eines größeren Betrages versüßt werden.


Der Internet-Auftritt dieser Landeskirche ist angesichts dieser Hintergründe für mich eine echte Lachnummer. Sie vertritt schon auf der ersten Seite rein-kirchliche Interessen. Offenbar ist der Wiedereintritt verirrter Schafe priorität gegenüber der Information. Deutlich effektiver wären Schnupperseiten und Links zu allen wichtigen Glaubensquellen. Leider ist dies nicht das Forum, dass ich uns wünsche. Sie erinnert mich sehr an den ersten PC in dieser Landeskirche, der im Amtszimmer des Bischofs stand. In dieser Zeit habe ich nichts von der Möglichkeit der Telefonseelsorge gehört, das Medium gleichfalls zu nutzen. Gar nicht verstehen kann ich zudem, dass diese Landeskirche in diesen schweren Zeiten zeitgleich mit Karstadt an ihrer virtuellen Realität arbeitet. Nicht zu übersehen ist die Gefahr, dass Theologinnen und Theologen sich in die heimelige Welt der Web-Sites verlieren. Ich empfehle dazu den starken Artikel von Frau von ... Diese Darstellung diakonischer Arbeit in Hamburg scheint mir alles zu beinhalten, was die evangelische Kirche als geschellschaftlichen Auftritt bedarf.

Die Zukunft dieser Landeskirche; dieser Behörde ist für mich nicht ganz ohne Bedeutung. Ich frage mich weiterhin, ob mein für tausend mal tausend Jahre ausgesprochenes Berufsverbot in der Hannoverschen Landeskirche weiter gilt. Der Vorgang beleuchtet für mich die Idiotie dieses überkommenen und antiquierten Systems. Der Ausschluß in Hannover vom Pfarramt gilt automatisch für alle Landeskirchen. Zugegeben bleiben Großbritannien ( und die USA offen. Seit Würzburg III dürfen Theologinnen und Theologen in Deutschland die Landeskirche (in der Regel) nicht wechseln. Ein Bischofskind oder eine Einheirat oder Ausheirat stellt die Ausnahme von der Regel dar.


„Die Integrität des Menschen besteht darin, dass er sich in jedem Augenblick sagen darf, was er denkt (Elias Canetti). Sozorga 64









DOSSIER STAND Februar 1997

Wird die Hannoversche Landeskirche jemals mein Arbeitgeber sein? Bisher war für 90% der Theologiestudierenden diese Vorstellung eine Selbverständlichkeit. Auch wenn aus anderweitigen Gründen nur ein geringer Prozentsatz (-30%) im Pfarramt landete. Weich landete?

Mit der Rückkehr aus dem kretischen Urlaub 1996 im Oktober diesen Jahres war endgültig klar, daß es "NIEMALS (Haarmann)" eine Anstellung in Hannover geben wird! Leider gibt dieser Arbeitgeber keine Auskunft, wo die Gründe für dieses zuletzt ungewöhnliche Verhalten meiner Person gegenüber begründet liegt. jedenfalls bin ich bisher nicht in einem Londoner Hotel neben einer hannoverschen Vikarin erwacht.

Ein Kollege (Carsten; Januar 97) berichtet, daß der zuständige Sachbearbeiter dazu erklärte, durch die Kündigung hätte ich deutlich gezeigt, daß ich an diesem Beruf und an einer Übernahme nicht mehr interessiert gewesen wäre (Kommentar: Es gab im Vorfeld und während meiner KDP-Zeit ein Gespräch zwischen mir und diesem Sachbearbeiter, das nach einem vehementen Anruf meines Vaters bei diesem Sachbearbeiter stattfand. Sicherlich war diesen Einlassungen keine Aussage meinerseits über ein etwaiges Desinteresse zu entnehmen!! (Eintrag dazu in meinem TIMER 96: 14. März 1996; 14 Uhr Termin bei ... !!)

Das Stichwort "NIEMALS" stammt aus einem Telephonat des Diepholzer Superintendenten mit meinem Vater. "Es wird niemals eine Anstellung ihres Sohnes geben!" Voraufgegangen war eine Fahrt des Superintendenten nach Hannover, um dort die Chancen für den Lemförder "Kandidaten des Predigtamtes" zu erkunden (ca. Februar 1996).

Zurückgekehrt aus dem angesprochenen Urlaub (Ende Oktober 96) erfahre ich aus einem Protokoll der Interessenvertretung, daß die "KOMMISSION" getagt hat. Damit ist die letzte Möglichkeit verstrichen, in den Dienst dieser Landeskirche aufgenommen zu werden. Merkwürdig bleibt, daß ich keine Einladung zu dieser Kommissionssitzung bekam. Zudem ist mir bis zu diesem Zeitpunkt keine Information von offizieller Seite zugegangen, daß ich nicht eingeladen wurde und daß damit meine Anstellungschance nicht mehr besteht.

Nach wie vor kann ich nur im Nebel stochern, wenn es darum geht, die Gründe für dieses krude Verhalten für mich zurechtzulegen und zu begründen. Fakt ist zum jetzigen Zeitpunkt, daß von zwölf Listenleutchen neun genommen wurden. Eine auch nur durch politischen Druck möglich gewordene positive Konstellation. Zwei Personen wurden schon gar nicht mehr berücksichtigt (Zu diesen scheine ich zu gehören! Wo bist du, Thea??). Wegen vermeintlich aussichtslosen Chancen wurden sie nicht vor die Kommission geladen. Das letzte Anschreiben weist mich aus als Kügelchen auf Platz 15 der Liste von 17 Personen. Insgesamt hängen in Hannover noch einhunderteinundsiebzig Berwerber auf der Liste nach dem Zweiten Theologischen Examen. Laut Frau Arndt-Sandrock sind es insgesamt 360 Kandidatinnen und Kandidaten, die in die Wüste müssen.

Zur ausgebliebenen Ladung gibt es zunächst die Begründung, daß ich ja meinen laufenden KDP-Vertrag mit dem 2. Mai 1996 gekündigt hatte (s. Anlage). Aus meiner Sicht bezog sich diese Kündigung ganz eindeutig und ausschließlich auf den KDP-Vertrag. Begründung war die notwendige Umorientierung wegen mangelnder Anstellungschancen und das zerrüttete Verhälntnis zu meinem dortigen Kollegen. Offenbar wurde diese Kündigung so interpretiert, daß ich an einer Anstellung nicht mehr interessiert sei. Eine komische Einschätzung nach nunmehr zehn Jahren, in denen ich mich ausbilden ließ, um ein Pfarramt zu versehen und permanent (wenn nicht penetrant) mein Interesse signalisiert habe.

(1) Von offizieller Seite werden zwei Gründe dafür genannt, daß der KDP keine Anstellung bekommen kann. Da ist vorneweg mein Platz (Rang) auf der Kursliste Imbshausen 41. Mit dem vorletzten Platz ist in den Zeiten des Personalabbaus nicht viel Staat zu machen. Zum Zustandekommen dieses Listings s. unten.

(2) Zweiter Grund ist die Personalsituation meiner Landeskirche. Derzeit wird ein Überhang von dreihundertsechzig Theologen ausgemacht. Auf Druck der Interessenvertretungen wurden nach dem Auflaufen der Theolog/innen/enwelle zu viele Theologinnen und Thologen ausgebildet (Siehe unten mehr zu den ausbleibenden Anstrengungen von Seiten der Mitbrüder und -schwestern in den Pfarrämtern). Dazu kommt eine Stimmung im linken Spektrum der Synode, die in den Hauptamtlichen den "Tod der Kirche" wittert.

(3) Ein dritter Grund wurde gegenüber Dritten angeführt. Er berührt sich mit Punkt 1: Wie in jedem Handwerksbetrieb und in der Industrie ist dieser Arbeitgeber dazu verpflichtet, nur solche Personen in das Pfarramt aufzunehmen,

die diesem Amt auch standhalten können. Von Gesprächspartnern, die diese Einschätzung vortrugen, wurde signalisiert, daß dieses Kriterium für meine Person negativ in Anschlag gebracht werden müsse (Frau Arndt-Sandrock; Herr Superintendent Haarmann; Herr Pastor Voigts). Es bleibt festzuhalten, daß von vierzehn Kandidatinnen und Kandidaten diese Vorgaben für vermutlich fünf Personen nicht zutrafen. Andererseits wurde vom Fachreferenden für KDPs in Hannover geäußert, daß alle ausgebildeten Theologinnen und Theologen außerordentlich gut geeignet seien für das Pfarramt (Im oben schon erwähnten Gespräch! Sic! Hauptanliegen meines Gesprächswunsches war die Klärung der mir verbliebenen Chancen auf Anstellung!! Sic!). Nur die Stellensituation ließe nicht die Übernahme aller zu. Dies wurde mir in diesem persönlichen Gespräch kurz vor anderslautenden Bescheiden beruhigend signalisiert.

Mehr ist an konkreten und nachvollziehbaren Gründen nicht auszumachen.

(i) Trotzdem gibt es für manche Vermutungen gute Anhaltspunkte. Punkt 1 von vermutlichen Ursachen für das jetzt Wirklichkeit gewordene "Vor-die-Tür-Setzen": Siehe meinen Leserbrief nach dem Rausschmiß von Seegelken im Nachbarkirchenkreis. Erschienen ist dieser Leserbrief im September 1995 im Diepholzer Kreisblatt in der Region Nordkreis. Also nicht in Lemförde. Dazu muß man sich in Erinnerung rufen, daß der Landesbischof die PRO-Entscheidung (Homosexuelle in den Pfarrämtern) der Synode gekippt hatte. Daß er in Sulingen eindeutig zur Geschlossenheit gerade auch in solchen Fragen aufrief. Daß man einen Fliege nach sehr kritischen Außerungen zum Rapport rief. Und so weiter ....

(ii) Punkt zwei der mutmaßlichen Gründe liegt weiter zurück. Hier geht es um ungebührliches Betragen dieses Kandidaten. Er hatte sich erdreistet, nach den Blockaden vor US-Stützpunkten, im Landeskirchenamt anzufragen, mit welchem Recht Pastorinnen und Pastoren mit einem Amtszuchtverfahren überzogen würden, die doch nur für eine legitime politische Position einzelne Paragraphen des bürgerlichen Gesetzbuches kurzfristig übertraten. Vietinghoff antwortete darauf - der Brief kam im Namen der heidelberger Studentenschaft - mit dem Hinweis auf einen alkoholisierten Pastoren am Steuer.

(iii) Im Rahmen meines Hängens in der Warteschleife dieser Landeskirche gab es dann einen endlosen Briefwechsel mit Oberlandeskirchenrat Kampermann über Sinn und Unsinn dieses Verfahrens. Da waren seinerseits die permanenten guten Segenswünsche für den Jahreswechsel. Anfangs gespickt mit wenig vertrauenswürdigen Modellrechnungen zu den Aussichten des Wartens. Eines Tages trat dann der Fall ein (vor dem Vikariat), daß ein schlechter positionierter Theologe an fünf anderen Wartern vorbeigeschleust worden war - ohne die
Information an die anderen Warter gegeben hatte.

(iv) Punkt vier der mutmaßlichen Gründe. Betrifft die Person des Superintendenten in Diepholz. Es scheint mir angesichts der anderen in Hannover sicher schwer gewerteten Punkte nicht plausibel, daß Voigts und der Sup die Möglichkeit gehabt hätten, die drohende Nichtanstellung hätten verhindern können. Andererseits möchte ich in Erinnerung rufen, daß Haarmann in diesen Tagen unter starkem Druck aus der Pastorenschaft stand und diesem nur durch das tatkräftige Einschreiten von Voigts bestehen konnte. Besonders getroffen hat mich trotzdem der Entschluß des Superintendenten, für seinen KDP nichts zu tun. Im Nachhinein sieht es sehr danach aus, daß er ein gehorsamer Bote seiner Herren war.

(v) Der fünfte mutmaßliche Grund für das Ende meiner kirchlichen Anstellung ist mein Verhältnis zu meinem bisherigen Kollegen. In der an Bissigkeit und Böswilligkeit nicht zu überbietenden Versammlung nach dem Verabschiedungsgottesdienst in Lemförde äußerte Voigts die Meinung, daß dieses Herausstellen mehr oder weniger an seinem Votum gehangen habe. Er als ElderStatesman-Pastor habe da ein Wörtchen mitzureden gehabt. So auch im privaten Gespräch oft geäußert und im Gespräch mit meinen Eltern vehement vorgetragen. Ein befreundeter Pastor äußerte den Verdacht, daß bei Voigts sehr viel Altersangst mitschwinge bei seinen großen Auftritten in meiner Sache. Eine Sicht, die mir damals noch nicht zugänglich war. Damals äußerte ich den Wunsch, doch bitte wegzugehen von persönlichen Anwürfen. O-Ton: "Sehen Sie bitte ein, daß sie unfähig sind. Ich kann Sie nicht anders beurteilen!" Es gibt die oben skizzierten negativen personalpolitischen Vorgaben für die Landeskirche. Hinzu kommen die von mir geargwöhnten Gründe für ein bestimmtes Lager in meiner Landeskirche.

(vi) Sechster und ebenso vager Verdacht ist meine zugegebenermaßen blendende wirtschaftliche Lage. Der gegangene LaSup Sprondel äußerte in Loccum, daß er für meine Person keine Chance sehe.



EMOTIONALE HÖHEPUNKTE DES VORGANGS VIER-PARTEIEN-GESPRÄCH

Im April 1996 kommt es auf Anregung von Superintendent Haarmann zum Gespräch mit beiden Eltern; Voigts und mir. Voigts beginnt ohne Haarmann mit Litanei auf meine Unfähigkeit: Unpünktichkeit - dies wäre Tohuwabohu - zum Predigen darf ich nichts sagen ... seine mir altbekannten Phrasen.

Dann kommt Haarmann dazu. Bemüht, die Überschärfen im Plädoyer von Voigts zu entschärfen. Ihr Sohn ist ein sehr wertvoller Mensch. ihr Produkt.

bewundernswert. Aber: Ich mußte zuletzt von 23 Kandidatinnen und Kandidaten 21 hinaussetzen (Sachzwang!!). Die gegebenen Noten reichen nicht aus. Ihr Sohn wird im Pfarramt - wie ich - viel leiden. Wir sollten ihm das ersparen!!



ABSCHIEDS
GOTTESDIENST

Im Rahmen meines Abschiedsgottesdienstes in Lemförde war mir vom Lemförder Kirchenvorstand die Predigt in diesem speziellen Gottesdienst untersagt worden. Voigts begründete dies mit der Gefahr, ich könnte dem emotional nicht gewachsen sein. Allerdings belastete mich seine Predigt mit der Hauptthese - wir Christen seien angesichts meiner Perspektive zur Freude berufen - wohl mehr als ein eigener Predigtversuch. Der Besuch dieses Gottesdienstes mit 400 Lemförder Bürgerinnen und Bürgern ließ an Sympathiebekundungen nichts zu wünschen übrig.


TRIBUNAL DER KOMMISSION

Fazit der Arbeit dieser Kommission: Drei Männer (Alex; Martin; H.-G. und eine Frau (heiratete Andersgläubigen - Sic!) wurden hinausgeknobelt. Das Angebot von mehreren Kommissions-Geherinnen & - Gehern, zunächst auch mit halber Stelle und halber Kohle und halbem Rentenanspruch sich zufriedenzugeben, wurde nicht berücksichtigt! Solidarität der Anwärterinnen und Anwärter hätte das Sachzwangargument ausgehebelt, so man denn gewollt hätte.


ALLERLETZTE MELDUNG AUS DEM KIRCHENKREIS DIEPHOLZ

Mein junger Mitbewerber - nach mir in den Kirchenkreis gekommen, hat seine Stelle in Barenburg (?) angetreten. offenbar schon vor dem Tagen seiner Kommission. Offenbar war die Unterstützung der Sulinger Fraktion für ihn überwältigend!


MEINE BEWERTUNG

Es gibt aus mancherlei Gründen einen Willen, der darauf drängt, meine Person vom Amt fernzuhalten. Dies kann nicht bewiesen werden. Aber allzuviele Indizien weisen in diese Richtung. Zuvörderst die deprimierende Notengebung in zwei kirchlichen Examina. Zuletzt weisen die meisten Spuren auf Stimmen im hannöverschen Landeskirchenamt.

Wie so oft in der Geschichte der Kirche werden die Würdenträger dieser Landeskirche in dem besten Gewissen gehandelt haben. Hatte der Landesbischof nicht eigens ein Buch geschrieben zum Homosexuellen-Thema? Sicher gibt es auch einen guten kirchenpolitischen Grund: Es könnte fatal sein, wenn der konservative Flügel der Landeskirche abgesprengt würde (Im Vorfeld meiner Versendung nach Lemförde gab es ein Strafgespräch im Landeskirchenamt zu

pietistisch-enge Gesprächspartner oder eine rückständige Liturgie nicht mehr bereit, mit Kompromissen an die pietistisch-konservative Seite zu leben!". Ich äußerte in jenem Gespräch meinen Vorsatz in einer Gemeinde mit einem Mutterhaus (Ich kannte Altvandsburg überhaupt nicht!) in jedes Haus zu gehen und mich jedem kritischen Gespräch konstruktiv zu stellen.

Unbehagen bleibt über die in den Personen Gemeindepastor und Landesbischof konzentrierte Amts-all-gewalt. Bei beiden kommt das je spezifische Alpha-tum hinzu. Kann es einer christlichen Gemeinde gut zu Gesichte stehen, daß so eine Struktur sie nach außen vertritt?


PERSONEN UND ERKLÄRUNGEN
Voigts Gemeindepastor in Lemförde
Haarmann Superintendent in Diepholz
Kommission Gremium der Landeskirche, die unter verschiedenen
Personen die Quote festlegt. "Die GUTEN ins
Körbchen". Bestehend aus einem Pastoralpsychologen;
einem Kirchenjuristen; einem Pastoren; einem
Landessuperintendenten Oohannesdotter "Wir werden
nicht Murmeln spielen!") und dem
Oberlandeskirchenrat Kampermann (zur Zeit im
Dörfchen Loccum).
KOLLOQUIM Das angesprochene Kolloquium war das zweite seiner
Art. Seine Übernahmequote unvergleichlich gut. 9
von 12. Eigentlich waren 1-4 mit viel Glück avisiert.
Landeskirchenamt: Verwaltungsapparat der Hannoverschen Landeskirche.
Brüderliche (Sic!?); kollektiv beratendes Organ mit
Kirchenjuristen und Kirchentheologen als bestallten
Oberlandeskirchenräten. Darüber thront der
Bischofsrat. Machtzentrum daneben eine in LVK und
GOK gespaltene Synode. Darunter eine Unmenge von
Gemeinden mit Kirchenvorständen. Reale Machtpole:
Bischof und zweiter wirtschaftlicher Leiter: von
Viettinghoff.


RÜCKBLICK AUF MEINE ORDINATION

Landessuperintendent Dieter Zinßer ordinierte Heinz-Gerd Stöckel
Unterwegs als Pastor im Ehrenamt

Default;Bippen (kro). In der St.-Georgs-Kirche in Bippen ist er schon getauft und konfirmiert worden. Jetzt wurde der Kandidat des Predigtamtes Heinz-Gerd Stöckel genau dort auch als Pastor zum Dienst im Ehrenämt ordiniert. Die malerische alte Kirche, im 9. Jahrhundert gegründet, war, bis auf den letzten Platz in diesem Festgottesdienst besetzt. Gemeindepastor Heinz Schrock begrüßte Eltern, Taufpaten und acht Assistenten, die Heinz-Gerd Stöckel bei der Ordination und Segnung zur Seite standen. Für Landessuperintendent Dieter Zinßer war dieser Ordinationsgottesdienst, "kostbar", zu schade, um Uberlegungen zur Großwetterlage von Kirche und Gesellschaft anzustellen. Doch ganz ohne Kritik blieb sie nicht, seine Predigt. "Vieles an unserer gegenwärtigen Kirche ist nur schwer erträglich: Unsere Entschlußlosigkeit hinsichtlich ethischer und politischer Stellungnahmen, unser mangelndes Eintreten für Gehandicapte, unsere eigene statische Finanz- und Personalpolitik", kritisierte er und leite den Finger in eine Wunde, die auch Heinz-Gerd Stöckel schmerzt: Die hannoversche Landeskirche habe sich im Umgang mit den Arbeit suchenden Diakoninnen, Diakonen, Theologinnen und Theologen nicht gerade mit Ruhm bekleckert, so der Landessuperintendent. Ausgesprochen gern ordiniere er darum Heinz-Gerd Stöckei zum Pastor im Ehrenamt. In den Augen Zinßers zeichnet sich hier ein Weg ab, der für die Zukunft der Kirche wichtig sein könnte. Der 37jährige Heinz-Gerd Stöckel wird jetzt in Sachen Seelsorge unentgelt- lich zwischen Bippen und Fürstenau pendeln. Taxifahren braucht er trotzdem nicht, seinen Lebens- untertialt verdient Stöckel sich in der väterlichen Firma.





EZ Mai 97
Kein norddeutsches Kulturzentmm:
Nutzungspläne gescheitert
Schloß Imbshausen wird ab Oktober leer stehen

 

Imbsbausen/Kr. Northeim (epd). Das Schloß Imbshausen wird nach der Schließung als Ausbildungsstätte für angehende Pastorinnen und Pastoren am 30. September leer stehen bleiben. Die Pläne für eine weitere Nutzung als norddeutsches Kulturzentrum seien gescheitert, teilte der Leiter des Predigerseminars, Pastor Karl-Hinrich Manzke, mit. Im 1864 erbauten Schloß hatte die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers 1964 eines von vier Predigerseminaren eingerichtet, das nun Sparmaßnahmen zum Opfer fällt.
Nach Plänen des "Fördervereins Schloß Imbshausen" sollte das Gebäude künftig für Konzerte, Seminare und Fortbildungen verschiedenster Gruppen und Verbände genutzt werden. Als Träger des Kultur- zentrums wollte der Verein eine große Hamburger Stiftung gewinnen. Sie habe jedoch dem Konzept nicht zugestimmt, sagte Manzke.
Die notwendige Unterstützung von 500 000 Mark pro Jahr wolle die Stiftung nur zür Verfügung stellen, wenn das Schloß mit internationaler Beteiligung zu einer "Akademie Südniedersachsen" ausgebaut werde. Manzke sieht für eine solche Akademie wenig Chancen, führt die Verhandlungen jedoch weiter.
Die Landeskirche will sich an einer weiteren Nutzung des Schlosses nicht
beteiligen, bestätigte der Göttinger Landessuperintendent, Hinrich Buß, auf epd-Anfrage. Die Schließung des Predigerseminars sei notwendig, weil die Kirche sparen müsse und der Bedarf an theologischem Nachwuchs geringer werde. "Ich befürchte, es wird der Kirche bald in größerem Stil bevorstehen, daß sie sich von Häusern und Menschen trennen muß", sagte Buß. Das Schloß ist weiterhin zum Verkauf angeboten. Alle Mitarbeiter des Hauses haben ihre Kündigung bekommen. Strom, Wasser. Telefon und Müllabfuhr sind zum 30. September abbestellt.


Faxenmacher-Generation kehrt in die Kirchen zurück



Als einjähriger "Pfr. i. R." habe ich den Beitrag "Der Pastor" von Claus Heinrich Meyer in der SZ vom 17. 5. mit großem Vergnügen und, wie es sich heutzutage gehört, mit angemessener "Betroffenheit" gelesen. Sie schöpfen ja aus reichem Insider-Wissen, was bei Kirchens - Gottlob! - nicht verboten ist. Dennoch ein paar ergänzende und kritische Anmerkungen:
Pastor Teil 1 (bis "Kirche und Führer") hätte doch wohl eher in die andere Feuilletonserie der SZ "Verblaßte Mythen" gepaßt. Den Pastooor gibt's ja wohl wirklich nur noch in der (immer noch nicht verarbeiteten?) Erinnerung! Pastor Teil 3 (ab "Kappung des direkten Drahtes") hätte der wirklich "zeitgemäße Hauptartikel" werden müssen: "Von
den geistlos gewordenen Faxenmachern".
Und was ist mit Pastor Teil 27?
Fehlanzeige! Er wäre ja noch zeitgemäß gewesen, meine Generation, die nun abtritt und die Anfang der fünfziger Jahre bei den damals noch großen Lehrern studierte - studierte und nicht für den Gemeindealltag "ausgebildet" werden wollte.. Die Generation, die genau gegen jenes Bild vom Herrn Pastooor antrat für eine mündige Gemeinde, weit vor den 68ern und "Basisdemokraten".
Diese Generation kommt nicht vor. Zu Recht? Ist sie vielleicht die "lost generation" der Nachkriegskirchenge- schichte? Jenen Herrn Pastor gibt es also nicht mehr. Wir wollten es nicht sein. Aber zu unserer Verblüffung tritt die "Faxenmacher-Generation" wieder in einer Weise pfarrherrlich (und -fraulich) auf, wie wir es nicht mehr für möglich gehalten hätten. Völlig ungeniert wird wieder das Wort "Macht" in den Mund genommen.
"Mündige Gemeinde" - ja, soweit sie der Arbeitserleichterung dient. Die Gemeinden scheinen zu resignieren. Die Zahl wird kleiner, nicht nur, weil es dem Menschen nichts mehr "hülfe". Das Verstehens- problein liegt tiefer. Wo sie zu Spiel- wiesen verkommen, anstatt verantwortlicher Träger des "Worts" (jawohl!) zu sein, kann pfingstlicher Geist nicht mehr sein.
Aber egal, ob Pastor Teil 1, 2 oder 3: War da nicht noch was? Das, was immer noch hoffen läßt?
Hans G. Blomeier, Friedrichstadt



11. Mai 1997
Ordnung für den Ordinationsgottesdienst

Default;S K I Z Z E
ORDINATIONSGOTTESDIENST AN EXAUDI (11. Mai 1997)
Bippen * 15.00 * PC/Zinsser/Schrock/Stöckel/et.al.)
ORGELVORSPIEL (EINZUG?)
Begrüßung * Abkündigungen
EINGANGSCHORAL: Stern, auf den ich schaue
EG 407,1-3
Eingangsliturgie
Ehr sei dem Vater - Kyrie -G.in Excelsis-
Allein Gott in der Höh..-Der Herr sei mit euch
Ehre sei Dir, Herre
EVANGELIUM: Jo 15-16 (Jens?)
Lob sei Dir, o Christe
Glaubensbekenntnis/(Bekenntnis Flemming?)
WOCHENLIED: Heiliger Geist, du Tröster mein
(EG 128, 1-4.7)
Predigt (Zinsser)
CHORAL: Was Gott tut, das ist wohlgetan
(EG 372, 1ff Klingelbeutel)
ORDINATION
-Schriftlesungen
-Ordinationsversprechen
-Vaterunser
-Gebet
-Sendung & Segnung
-Segensworte der Assistenten (Dirk; ....)
LIED: Kindergottesdienst-Mitarbeiter
Lemförde & Berge
ABENDMAHL
-Sanctus
-offene Schuld
-Eucharistiegebet mit Einsetzungsworten
-Abendmahl
-Christi, du Lamm Gottes
Gebet-Vaterunser (+ostende nobis domine)
CHORAL: Bei dir, Jesu, will ich bleiben
EG 406,1-3
Daß du mich einstimmen läßt!!
Segen
CHORAL: Bewahre uns Gott
(EG 171,1-4)
Orgelnachspiel
LESUNG AUS DEN EVANGELIEN (Jo 15, 5-
Und da sah ich, plötzlich,
wie der große Tempel sich auftat vor mir,
das allerheiligts Zelt wurde sichtbar
im Himmel,
und hervor traten die sieben Engel,
die trugen die sieben Plagen,
die Schläge des Unheils,
aus dem Tempel heraus.





@ by AITSCH JIE
Vorlage darf gern in Gottesdiensten verwandt werden!





Brief an die am Ordinationsgottesdienst Mitwirkenden
Danksagung


Der 11. Mai liegt schon wieder einige Wochen zurück. Auch die Diamantene Trauung meiner Verwandten Rudolf und Leni Mensing in Fürstenau. So bin ich erst über Pfingsten zum Auspacken all der schönen Gaben gekommen. Herzlichen Dank für alles Mit-Helfen; Mit-Denken und für die trefflichen Gaben.
Ich möchte mit diesem Brief einiges teilen, was in diesen Wochen mein Herz erfreut. Voran stehen soll das folgende Gedicht, mir mitgegeben von Menschen, die nicht in Bippen sein konnten, deren Zeilen aber das Thema der Ordination trefflich umreißen.
Gott ist Leben
Unkraut, das den Stein durchbricht Erde,
die nach Regen riecht Weinstöcke und neue Reben
GOTT IST LEBEN
Musik, daß dir das Herz aufgeht die Wahrheit klar
und unverdreht gute Worte weitergeben
GOTT IST LEBEN
Unter Bäumen Kinderlachen
Blauer Himmel bunte Drachen
am Friedensnetz ein Stückchen weben
GOTT IST LEBEN
Noch ein Lächeln unter Tränen
mitten in der Angst
ein Sehnen Hoffnungen nicht aufgegeben
GOTT IST LEBEN
Phantasien mit Freunden wecken
Liebe immer neu entdecken
manchmal wie auf Wolken schweben
GOTT IST LEBEN
Ein bißchen wächst dieser Brief zu einer Zeitung anläßlich meiner Ordination. Der Bericht im "Bersenbrücker Kreisblatt" ist sehr ausführlich geraten. Die Feierlichkeit der Stunde hatte den Berichterstatter sichtlich ergriffen. Di Schlußzeile des Berichts in der "EZ" ließ mich stutzen. In mir ist sicherlich wenig Genugtuung darüber, daß ich momentan nicht Taxifahren muß. Etwas schade, wenn ich bedenke, daß ich am Tag nach meiner Ordination jene Berichterstatterin über die Hintergründe meines "Pastor im Ehrenamt (PiE)" - Status am Tag darauf ins Bild gesetzt habe.
Vielleicht wird Herr Mothsche mir seine überaus gelungenen Bilder zur Verfügung stellen. Wer Interesse daran hat, möge mir eine Nachricht zukommen lassen.
Bis dahin lege ich ein Photo aus dem Vechteler Empfang bei.
Bitte betrachten Sie / bitte betrachte die beigefügte Geschenk- und Literaturliste als Anregung zur eigenen Lektüre oder aber als Geschenktip. (Alle Titel befinden sich nunmehr in meinem Besitz. Ich leihe sie gern aus.) Daß sich die Geber dieser Gaben viel Mühe gemacht haben sehe ich daran, daß offen oder versteckt in jedem dieser Bücher eine Verbindung zum Nachdenken über Gott steckt.


Bericht im "Bersenbrücker Kreisblatt"
Zum Pastor im Ehrenamt ordiniert

Default;Bippen/Vechtel (mo) Ein Tag der Freude und des Dankes war für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde ßippen und die dörfliche Gemeinschaft Vechtel die Ordination von Heinz-Gerd Stöckel aus Vechtel zum Pastor Im Ehrenamt.
In der bis auf den letzten Platz besetzten festlich geschmückten -St.-Georg-Kirche umrahmte der von Dietrich Anacker geleitete Posaunenchor der Gemeinde Bippen die Feier sehr wirkungsvoll. Nach festlicher Musik zum Einzug der Geistlichen begrüßte Pastor Heinz Schrock die Gemeinde zu diesem ungewöhnlichen Gottesdienst.
Die Lesungen zur Ordination begann die Kirchen- vorsteherin Helga Buning mit einem Bekenntnis des langjährigen Kirchenvorstehers Volkmar Flemming; Kein Berkel, der Heinz-Gerd Stöckel aus seiner Zeit in Hameln bekannt ist: "Die christliche Theologie bekennt seit ihren Anfängen mit Paulus und auch seit der Reformation mit Luther: Der christliche Glaube ist kein Faktenwesen. Wir glauben nicht an die Allmacht Gottes, an die Jungfrauengeburt, an die Auferstehung der Toten als naturwissenschaftliche Fakten, sondern wir lieben und gehorchen Gott, unserem Schöpfer und Vater, wir vertrauen und und folgen dem auferstandenen Jesus Christus, wird trauen und leben Im Geiste Gottes und Jesu, der Gemeinschaft unter uns Menschen stiftet. Denn Faktenglaube ist, meist rechthaberischer Glaube, wie die Orthodoxie der Neuzeit und die Sekten heute zeigen; er ist oft fanatischer Glaube, wie jeder Autoritätsglaube in der Kirche und im Totalitarismus. Luther sprach verächtlich vom Köhlerglauben . . ."
Seine aufmunternde Predigt zur Ordination stellte Landessuperintendent Dieter Zinßer unter das Wort auf dem Matthäus-Evangellum: "Und nach sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Jakobus und Johannes, seinen Bruder und führte sie beiseite, auf einen hohen Berg...". Der Landessuperintendent ging auf die derzeit schwierige Anstellungssituation von jungen Diakoninnen und angehenden Pastoren bei der Hannoverschen Landeskirche ein.
Es folgte die eigentliche Ordination mit Versprechen, Vaterunser, Gebet, Sendung und Aussendung sowie Handauflegung durch mehrere Assistenten mit Pastoren, Diakoninnen und Kirchenvorstehern.
Landessuperintendent Zinßer verlas die Urkunde des Landeskirchenamtes Hannover, und Superintendent Eckhard Siggelkow aus Bramsche überreichte Heinz-Gerd Stöckel eine Bibel mit Widmung des Landesbischofs Horst Hirschler. Der Landessuperintendent, Pastor Heinz Schrock und Pastor Heinz-Gerd Stöckel feierten mit der Gemeinde das Abendmahl.
Dem Goftesdienst wohnte auch Oberamtsrat Paul Weymann als Repräsentant der Samtgemeinde Fürstenau bei. Beim Empfang im neuen Schützen-haus Vechtel nahm Heinz-Gerd Stöckel zahlreiche weitere Glück- und Segenswünsche entgegen. Er wurde 1960 in Bippen geboren und dort 1975 konfirmiert. Der Geistliche wird ab sofort vor allem In den Gemeinden Bippen und Fürstenau im Ehrenarnt eingesetzt.






Abschiedsworte im VerabschiedungsGD Lemförde / März 96

ABSCHIED LEMFÖRDE

Schneller als gedacht ist nun die Zeit in Lemförde für mich zuende gegangen. Als

ich kam, habe ich geschrieben: Das Haar in der Suppe meiner Anstellung in

Lemförde ist die noch nicht letztendlich gegebene Absicherung der "Kandidaten

des Predigtamtes". Dann wies ich auf die allerorts schon wahrnehmbaren

"rezessiven Erscheinungen" in der kirchlichen Arbeit hin.

In den zweieinhalb Jahren habe ich nicht so oft an diese Erscheinungen gedacht.

Es gab in Lemförde auch wenig Grund dafür. Aber nun ist dies wieder aktuell

geworden und wird meinen Lebensweg ein stückweit bestimmen. Wohlgemerkt:

Nicht nur meine Arbeitsperspektive, sondern zur Zeit die von 180 anderen

Theologinnen und Theologen. Manche ohne das schon ausreichende 75% ige

Gehalt. Manche ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Umschul-
ung. Manche mit Kindern.

Es gibt vier Faktoren, die derzeit die Anstellungschancen untergraben:

In den nächsten zehn Jahren wird die evangelische Kirche 30% ihrer Mitglieder

verlieren, weil sich die Bevölkerungszahl verringert.

Wenn eine Bundesregierung Steuern vermindert, so trifft das besonders die

Kirchensteuer, da diese eine Steuer von der Steuer ist.

Es gibt Christen, die der Kirche den Rücken zuwenden. In meiner Lemförder Zeit

haben dies mehrere Personen getan. Für Pastoren die härteste Anfechtung. 5)

Unter diesen wenig guten Vorzeichen muß die Landeskirche verstärkt auf

ehrenamtliche Arbeit setzen. Hochbezahlte Theologinnen und Theologen machen

die Personalpolitik wenig flexibel.

Wer zurückschaut, kann zur Salzläule erstarren. So wie Lots Frau. Ich hoffe, ich

kann mich rasch von diesem Lebensabschnitt lösen und den Übergang möglichst

schmerzfrei gestalten. Wohin die Reise geht, kann ich Ihnen derzeit nicht sagen.

Ich erhoffe mir einen Arbeitgeber, der meine Qualifikation und Gaben zu nutzen

weiß, ohne daß ich einen gänzlich anderen Berufsweg einschlagen muß.

An der Schwelle zu diesem neuen Berufs- und Lebensabschnitt nehme ich vieles

aus Lemförde gerne mit. Ein Pastor ist nur so gut, wie die Menschen, die ihn

unterstützen oder die zulassen, daß er mit ihnen arbeiten kann. Ich bin dankbar

für so viele Menschen, die mir die Arbeit leicht gemacht haben.

Eine Anfechtung sind für mich jene Menschen, denen ich suspekt blieb und die

einen Widerstand in sich fühlten. Für manche waren die theologischen Ansichten

dieses jungen Pastoren so, als ob ein Wildschwein in ein Gemüsebeet eindringt.

Ich habe diese Situation wahrgenommen. Ich habe auch vor meinem Gewissen

geprüft, ob ich nicht hier oder da auf dem Holzwege bin. Bitte nehmen Sie mir

ab, daß ich nach wie vor hinter dem stehe, was meine theologische Grundlinie

i st.

Den Glauben im Alltag (auf-)spüren.

Aufnahme der Menschen am Rande.

Vorurteilsfreies, kritisches
Lesen der Bibel.

Leider fehlte mir oft die Gabe, das von mir Gemeinte so zu sagen, daß der eine

oder die andere das für sich annehmen konnte. Damit muß ich leben. Ich möchte

alle um Verzeihung bitten, die ich so verletzt habe, daß sie diese Verletzung mir

heute noch nachtragen.

Es gibt viele Situationen, an die ich im nachhinein zurückdenken werde.

Besonders bewegt hat mich die Frage zu beginn: "Herr Pastor Stöckel, ist es

Gottes Ruf, daß sie jetzt in Lemförde sind?" Ich habe sehr verhalten reagiert und

gesagt, das warten wir doch erst einmal ab. jetzt würde ich sagen, ich habe sehr

deutlich gespürt, daß mein Platz in Lemförde sinnvoll und gewollt war. Nicht weil

dieser Mensch als nett erlebt wurde. Nicht weil ich anderen unduchsichtig blieb.

Eher weil ich erproben durfte, ob ich meine Meinung auch gegen Widerstände

durchzuhalten vermag. Für mich war das ein Segen, diese Stärke zu fühlen. Und

gleichzeitig blieb als Kehrseite der Medaille die Frage: Bist du auf dem richtigen

Weg? Ist das richtig, diese Stärke zu haben?

Superintendent Haarmann schenkte mir den Hirten mit Stab und ein Schaf. Zum

des Seelsorgers in Lemförde zählt es für mich, daß ich andere Hirten erlebt

habe; daß andere mir zum Hirten wurden; daß ich Schwächen zeigen durfte. Ich

hoffe, daß ich aus der Ferne noch viele solcher Schäfer bei der Arbeit sehe.


Auf Wiedersehen irgendwo


LESERBRIEF IM DIEPHOLZER KREISBLATT
Heinz-Gerd Stöckel
Kandidat des Predigtamtes
Stettiner Str. 41
49448 Lemförde

Lemförde, den 2. Mai 94

Diepholzer Kreisblatt
Bahnhofstr. 9
49356 Diepholz

Zuschrift zu Ihrem Artikel: 'Ubbo Seegelken geht in den Vorzeitigen Ruhestand'

Es ist Jahre her, daß ich im Auto saß und im Radio eine Sendung hörte, in der

über die Suspendierung von Hans-Jürgen Meyer vom Dienst des Pfarrers berichtet

wurde. Damals habe ich das Handeln der Landeskirche nicht kritisch überdacht.

Vielleicht hätte ich sogar die Meinung toleriert, daß diese Schmuddelkinder doch

nicht gerade in diesem Beruf arbeiten müssen. Im Vikariat in Hameln war ich in

einem Kirchenkreis, der die Suspendierung von Klaus Brinker betrieben hat. Zehn

Jahre darnach gibt es dort einige Pastoren, die durch längere Beschäftigung mit

der Thematik heute anders denken.

Welche Reaktionen nehme ich wahr gegenüber der Suspendierung von Herrn

Seegelken? Die einen reiben sich die Hände. 'Wir bekommen euch alle!'. Andere

reiben sich verdutzt die Augen, daß so einem nun auch noch ein komfortabler

früher Ruhestand vergönnt sein soll. Die Betroffenen leiden still weiter, denn etwa

70% der Bevölkerung tollerieren die berufliche Zurücksetzung von homosexuell

liebenden Menschen in den alten Bundesländern (25% wären mit einer Kastration

einverstanden). Auch in der Kirche gibt es für sie keinen sicheren Hafen.

Ich unterstelle niemandem in Hannover, der an dieser Entscheidung beteiligt war,

daß er nicht mit bestem Gewissen hinter dieser Entscheidung steht. Es ist kaum

möglich, daß heterosexuell liebende Menschen ohne Kontakt mit homosexuell

orientierten Menschen ihre Ängste abbauen können. Sauer bin ich, weil man es in

Hannover im vierzehnten Jahr nach Aids schon in weiten Teilen besser weiß.

Aber noch immer werden Konsequenzen für den Pfarrerstand nicht gezogen.

in der christlichen Kirche werden Menschenrechte aus den Geboten Gottes

Ich lese in der Bibel nur eine einzige Stelle, die ernsthaft zu überdenken ist. Im

ersten Kapitel des Römerbriefes steht sie. Nur wissen wir nicht, welche Praktiken

Paulus hier vor Augen standen und ob er diese Praktiken selbst gesehen hatte.

Prof. Hofius aus Tübingen schließt aus, daß von dieser Aussage partnerschaftlich

gelebte homosexuelle Liebe getroffen wird. Wer auf Menschen wie Herrn

Seegelken auch einen Stein werfen möchte, der lese vorher 'Homosexuelle Liebe'

- ein Papier aus der rheinischen Landeskirche (Bezug über Landeskirchenamt

Düsseldorf). Die Synodalen aus dem Rheinland kommen zu dem Ergebnis, daß

eine homosexuelle Partnerschaft im biblischen Zeugnis nicht unter Verbot steht.

Noch immer gibt es Theologen, die die polare Geschlechtlichkeit (Adam und Eva)

am Anfang des ersten Buches Mose für eine von Gott gesetzte Schöpfungsordnung

ausgeben. So wie die Deutschen Christen vor fünfzig Jahren im deutschen Volk

eine solche sahen. Ich lese diese Kapitel nicht so, daß sie anderes ausschließen.

Hier bekennen heterosexuell geprägte Menschen ihren Glauben an Gott. Dadurch

sind homosexuell liebende Menschen nicht ausgeschlossen. Sie sind kein

Betriebsunfall in Gottes Schöpfung, sondern eingeladen, ihr Bekenntnis zu ihrem

Gott aus ffirer S*iclhl zu iormulieren.

Wir wären sehr viel weiter, wenn in dieser Sache nur solche Menschen mitreden

würden, die a) gut informiert sind und b) selbst schon einen Kontakt mit

homosexuell liebenden Menschen hatten. Was soll meine Kirche tun? jeder

homosexuell liebende Mensch berichtet über das Unverständnis und die Abwehr,

mit denen Eltern auf das 'Coming-out' (~öffentlich gelebte homosexuelle

Orientierung) reagieren. Am Ende dieses für Eltern schmerzhaften Prozesses kann

für mich nur die Annahme der Tochter oder des Sohnes mit seinem/ihrem

Anderssein stehen. In der Kirche liegt die Sache nicht anders. Nur das wir unsere

emotionale Abwehr mit theologischen Argumenten stützen.
H.-G. Stöckel/Kandidat des Predigtamtes/Lemförde

Mit freundlichem Gruß





STUDIENBERICHT

Nach meinem am katholischen Gymnasium Leoninum in Handrup abgelegten Abitur und dem Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz konnte ich zum Wintersemester 1981 mein Studium an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau aufnehmen. Dort galt es, die Studiengrundlagen zu erarbeiten. Latein und Bibelkunde "Neues Testament". Weitergestrickt wurde an den Grundlagen an der Kirchlichen Hochschule in Bethel: Hebräisch, Griechisch.
Die handwerklichen Fertigkeiten konnte ich durch ein systematisches, kirchengeschichtliches, alttesta- mentliches, sowie ein neutestamentliches Proseminar belegen. In Heidelberg schloß die Erarbeitung der Grundlagen mit einer alttestamentlichen Bibelkunde ab.

Von Bethel wechselte ich nach Heidelberg, von wo aus ich das Erste Theologische Examen 1988 in Göttingen ablegen konnte. Im Rückblick ist die Praxis gewiß zu kurz
geraten. Zwei Praktika habe ich während meines Studiums
aus eigener Initiative eingeschoben. Das eine führte mich in eine Kirchengemeinde (Oesede bei Osnabrück); das andere in ein gereatrisches Heim in Bethel.

Im Rückblick auf die von mir besuchten universitären Veranstaltungen liegen diese für mich noch immer in positivem Licht. Da war in Neuendettelsau die Begegnung mit dem Lutherkenner Joest. Daneben hat mich die Person
des Alttestamentlers Preuß beeindruckt. In Bethel und Heidelberg zogen mich die Exegeten an (Crüsemann für  Das Alte Testament; Lindemann im Neuen Testament; Theißen und Berger in Heidelberg ebenfalls im Neuen Testament). Daneben war die Auseinandersetzung mit dem Predigtlehrer Bohren und die Vorlesungen des Kirchengeschichtlers Ritter in Heidelberg fruchtbar.

Mein Examensthema für das Erste Theologische Examen
entstand aus der Beschäftigung mit den Passions- und Ostergeschichten bei den Synoptikern im Seminar von Professor Thyen in Heidelberg. Mit dieser Vorarbeit im Rücken wagte ich mich an die Erörterung der "Lehre von der Auferstehung" bei Wolfhart Pannenberg und Rudolf Bultmann. Ein systematisches Thema. Leider wird dieses Thema unter Theologen noch immer eher vermieden. Oft gebricht es auch an der sachgemäßen und kritischen Aufarbeitung der Berichte. Das Verdienst des Buches von Gerd Lüdemann (Die Auferstehung Jesu; 1994) ist die gute Darstellung des historischen Materials. Leider ist die darauf aufbauende Theorie der Entstehung von Ostergeschichten zu spekulativ. Noch immer fehlt uns ein
kritisches Lesen dieser Geschichten, daß zu einem gegenwärtigen, naiven Verstehen führt. Klaus Berger fordert von eine "zweite Naivität".

Es gibt Theologen und Theologinnen in meinem Bekanntenkreis, die mit der "Theologie" sozusagen gebrochen haben. Für die Praxis trägt das "Studieren" wenig, zuwenig aus - meinen sie. Für spontanere Typen ist das Studieren sehr bald stupide. Die Früchte langwieriger Studien sind nicht so recht erkennbar. Meinem Typ liegt das Kauen an theologischer Grundproblematik wohl eher. Ich bin noch immer dankbar dafür, daß ich manches recht gründlich bearbeiten durfte.

Nach dem Zweiten Examen führte mich meine erste Anstellung als "Kandidat des Predigtamtes" in eine von einem bestimmten Frömmig-keitsstil geprägte Gemeinde. In der Auseinandersetzung mit charismatisch -bibeltreuen Christen konnte ich die Früchte meines Studiums in kaum geahnter Weise ernten. Leider mußte ich die Ohnmacht des evangelischen Theologen vor diesem Phänomen mir selbst eingestehen. Aber auch im Zuziehen einer äußerlichen Niederlage konnte ich die Kraft spüren, die ohne das Rüstzeug aus dem Studium mir nicht zugewachsen wäre.

Kritisch habe ich den mangelnden Praxisbezug diesesStudiums angemerkt. Hinzu kommt aus meiner heutigen Perspektive (Arbeitslosigkeit) die mangelnde Vielfalt bei der Einmündung dieses Studiums. Da es unter allen deutschen Landeskirchen den Beschluß gibt, Kandidaten aus anderen Bundesländern nicht zu transferrieren, bleibt dem arbeitslosen Theologen nur die Umschulung. Das Studium der Theologie ist so eng an Kirche und ihre Arbeitsgebiete gekoppelt, daß erst eine Zusatzqualifikation andere Berufsperspektiven eröffnen kann. Zu dieser kritischen Perspektive gehört auch die Länge dieses Studiums, daß durch die jetzt sehr düstere Perspektive auf eine Übernahme in den pfarramtlichen Dienst zusätzlich skeptisch betrachtet werden muß.

Persönlich zuschreiben muß ich mir zwei fehlende Thematiken in meinem Studium. Da fehlt ein Auslandsaufenthalt. Außerdem fehlte mir auch wegen der langen Plackerei mit den nachzuholenden Sprachen der Zugang zu anderen Studienfächern. Besonders die Psychologie, wo ich mir Kenntnisse bisher nur angelesen habe.